Wann haben Arbeitnehmer eine Kündigung aufgrund einer Krankheit zu erwarten?
Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin und Essen.
Während der Krankheit kein besonderer Kündigungsschutz
Zunächst einmal ist ein Arbeitnehmer nicht in besonderem Maße vor einer Kündigung geschützt, während er krank ist. Eine Kündigung des Arbeitgebers kann demnach unter den gleichen Voraussetzungen ergehen wie sonst.
Kein Kündigungsschutz im Kleinbetrieb
Arbeitnehmer, die in einem Betrieb mit regelmäßig weniger als zehn Mitarbeitern beschäftigt sind, haben keinen Kündigungsschutz. Eine Kündigung des Arbeitgebers ist auch während der Krankheit unter Einhaltung der Kündigungsfrist zulässig. Unter besonderen Umständen kann eine Kündigung aber treuwidrig sein. Wenn der Arbeitgeber etwa aufgrund eines Betriebsunfalls des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis kündigt, liegt ein solcher Fall einer treuwidrigen und damit unwirksamen Kündigung vor. Solche Fälle kommen aber nur selten vor und sind zudem nur schwer zu beweisen.
Im ersten halben Jahr der Beschäftigung auch kein Kündigungsschutz
Ohne Kündigungsschutz sind zudem Arbeitnehmer, die sich noch im ersten halben Jahr des Arbeitsverhältnisses befinden. Das Kündigungsschutzgesetz verlangt für den Kündigungsschutz ein halbjähriges Bestehen des Arbeitsverhältnisses voraus. Tritt in dieser Zeit eine Krankheit auf und der Arbeitnehmer wird gekündigt, greift also ebenfalls kein Kündigungsschutz mit Ausnahme des bereits geschilderten Falls der treuwidrigen Kündigung.
Kündigungsschutz greift nach Ablauf des ersten Halbjahres im Betrieb mit mehr als zehn Mitarbeitern
Wer bereits mehr als ein halbes Jahr beim Arbeitgeber in einem Betrieb mit regelmäßig mehr als zehn Mitarbeitern beschäftigt ist, ist dagegen gut geschützt. Der Arbeitgeber braucht in diesem Fall einen Kündigungsgrund. Als solcher kann die Krankheit des Arbeitnehmers zwar grundsätzlich dienen, allerdings nur unter speziellen Voraussetzungen.
Unterschiedliche Formen von Erkrankungen als Kündigungsgrund. Grund für eine krankheitsbedingte Kündigung kann sein:
Häufige Kurzzeiterkrankungen,
Langzeiterkrankung,
krankheitsbedingte Leistungsminderung,
dauernde Arbeitsunfähigkeit bzw. Ungewissheit der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit, da in den nächsten zwei Jahren nicht mit einer anderen Prognose gerechnet werden kann.
Ausführliche und schwierige Prüfung für Arbeitgeber inklusive Interessenabwägung
Die Rechtsprechung nimmt eine vierstufige Prüfung vor bei der Frage, ob eine Kündigung aufgrund einer Erkrankung des Arbeitnehmers wirksam ist. Erforderlich sind eine negative Gesundheitsprognose (ernsthafte Besorgnis künftiger weiterer krankheitsbedingter Fehlzeiten), eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen und wirtschaftlichen Belange des Arbeitgebers durch die Fehlzeiten, fehlende anderweitige Möglichkeiten einer Beseitigung der Beeinträchtigungen (Kündigung letztes Mittel) und eine umfassende Interessenabwägung zwischen den Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers.
Kündigungsschutzklage fast immer lohnenswert
Wer eine Kündigung wegen einer Krankheit erhalten hat, sollte stets innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht einreichen. Das gilt jedenfalls dann, wenn Arbeitnehmer in einem Betrieb mit mehr als zehn Mitarbeitern (siehe oben) arbeiten und damit das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet. Der Arbeitgeber muss eine Menge darlegen und beweisen, um eine auf Krankheit gestützte Kündigung vor Gericht durchzubekommen. Dabei kann auch viel schiefgehen. Ein einziger Fehler macht die Kündigung bereits unwirksam und eröffnet dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, den Arbeitsplatz zu retten bzw. eine hohe Abfindung zu erzielen.
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13.04.2016
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