Neuberechnung der Wohnfläche als Grundlage für Mietminderung
Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Berlin und Essen.
Ausgangslage: Mietminderung bei Abweichung von 10 Prozent und mehr
Ist die Wohnungsgröße im Mietvertrag aufgeführt, ist hierin regelmäßig eine Beschaffenheitsvereinbarung zu sehen. Das gilt auch dann, wenn diese mit einem Zusatz wie „ungefähr“, „ca.“ oder „etwa“ versehen ist. Auch wenn die als Beschaffenheit vereinbarte Wohnfläche mit einer „ca.“-Angabe versehen ist, liegt ein zur Mietminderung berechtigender Sachmangel dann vor, wenn die tatsächliche Fläche mehr als 10 % unter der vereinbarten Quadratmeterzahl liegt. Bei der Beurteilung der Erheblichkeit des Mangels ist nicht eine zusätzliche Toleranzspanne anzusetzen (BGH, Urteil vom 10. März 2010 – VIII ZR 144/09 -, juris).
Eine Ausnahme ist gegeben, wenn dies im Mietvertrag eindeutig geregelt ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt ein zur Minderung der Miete berechtigender Mangel der Wohnung immer dann vor, wenn die tatsächliche Wohnfläche um mehr als 10% unter der im Mietvertrag angegebenen Wohnfläche liegt. In diesem Fall muss der Mieter die Beeinträchtigung im in Mietgebrauch nicht konkret darlegen, sie wird vermutet. Das bedeutet, dass die Miete dann um den entsprechenden Prozentsatz der Abweichung gemindert ist. Der Mieter kann rückwirkend für viele Jahre entsprechend Rückzahlungen verlangen.
Berechnung der Wohnfläche – welche Methode?
Da es hier dann regelmäßig um hohe Rückforderungen geht, kommt der Frage der Berechnung der Wohnfläche erhebliche Bedeutung zu. Wenn man die für den jeweiligen Mietvertrag maßgebliche Berechnungsmethode herausfinden will, muss man zunächst den Mietvertrag durchsehen. Finden sich dort keine konkreten Vereinbarungen, erfolgt die Berechnung nach Maßgabe der Wohnflächenverordnung bzw. den Grundsätzen der II. Berechnungsverordnung. Finden sich im Mietvertrag Regelungen, sind diese bei ausreichender Klarheit und wirksamer Vereinbarung maßgeblich. Von einer Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich der Wohnfläche ist nicht auszugehen, wenn ein Wohnraummietvertrag zwar eine Wohnflächenangabe enthält, diese Angabe jedoch mit der Einschränkung versehen ist, dass sie nicht zur Festlegung des Mietgegenstandes diene (BGH, Urteil vom 10. November 2010 – VIII ZR 306/09 -, juris). Die Rechtsprechung sieht hier auch relativ primitive Vereinbarungen, wie den Maßstab „Länge mal Breite der Grundflächen“, als wirksam an (LG Saarbrücken, Urteil vom 06. März 2015 – 10 S 160/14 -, juris).
Fachanwaltstipp Mieter:
Wenn Sie Miete sparen und unter Umständen hohe Summen für die Vergangenheit zurückfordern wollen, sollten Sie zunächst einmal in den Mietvertrag schauen. Befindet sich dort eine Flächenangabe, messen Sie die Wohnung nach. Kommen Sie auf eine erhebliche Abweichung, lohnt es sich eine professionelle Beratung einzuholen, welche konkrete Messmethode für das Mietverhältnis einschlägig ist. Anschließend lässt man die Wohnfläche professionell vermessen. Ergibt sich dann eine Abweichung von zehn oder mehr Prozent, von der Angabe Mietvertrag, ist der Minderungsanspruch gegeben.
Fachanwaltstipp Vermieter:
Vorsicht mit Flächenangaben im Mietvertrag. Wer darauf nicht verzichten will, sollte zumindest eine konkrete Vereinbarung zu hinzufügen, dass die Angabe der Fläche nicht als Beschaffenheitsvereinbarung anzusehen ist. Ob solche Klauseln allerdings in Zukunft auch vor den Gerichten Bestand haben werden, vermag ich zu bezweifeln. Im Moment ist der Bundesgerichtshof bei den Abweichungen großzügig zu Gunsten der Vermieter, da alle Abweichungen von unter 10 % für Mietminderungen so relevant sind. Das kann sich ändern. Es ist nämlich nicht für jedermann nachvollziehbar, dass der Bundesgerichtshof 9 % Abweichung als unbeachtlich und 10 % dann als zehnprozentigen Mietminderungsgrund ansieht. Eine Grenze von 3-5 % erscheint wesentlich plausibler.
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