Lombardium-Skandal: Anlegerinformation – Pfandbewertung liegt vor
Anlegergelder in dreistelliger Millionenhöhe vernichtet? – Fondsgesellschaft wertet das Ergebnis der Bewertung als „überraschend und ernüchternd“
Im Anlegerdesaster rund um die Hamburger „Lombardium“-Gruppe hat Fondsgesellschaft „Erste Oderfelder GmbH & Co. KG“ (EOGK) eine Anlegerinformation zukommen lassen. Mit Schreiben vom 02.05.2016 werden die Anleger über die Ergebnisse der seit langem angekündigten Bewertung der Pfandgüter durch eine unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft informiert. Das Ergebnis wird von der Fondsgesellschaft beschönigend als „überraschend und ernüchternd“ beschrieben. Tatsächlich wirken die Zahlen beunruhigend auf die Anleger – mit einer Summe der Pfandgüter zum Bewertungsstichtag von 4,7 Mio bis 7,9 Mio Euro realisiert die Fondsgesellschaft nahezu einen Totalverlust. In der letzten im Bundesanzeiger elektronisch für das Geschäftsjahr 2013 veröffentlichten Bilanz der Zielgesellschaft „Lombardium Hamburg GmbH & Co. KG“ ist von ausgereichten Pfanddarlehen in Höhe von ca. 80 Mio Euro. Die Gelder wurden über die EOGK und die Schwestergesellschaft „LombardClassic 3 GmbH & Co. KG“ (LC3) eingeworben und von diesen Gesellschaften der „Lombardium Hamburg“ als Darlehen zur Verfügung gestellt. Die Summe der eingeworbenen Anlegergelder bewegt sich Schätzungen zufolge auf über 100 Mio EUR.
Lombardium Hamburg GmbH & Co.KG: Faktor Bewertung Pfandgegenstände – Sicherheit und Risiko
Im Jahresabschluss 2013 der Lombardium Hamburg GmbH & Co. KG stellen die Wirtschaftsprüfer TPW GmbH fest, dass der wesentliche Faktor des Pfandgeschäftes die Bewertung der als Sicherheit angebotenen Pfandgegenstände sei. Wenn diese Bewertung nicht stimme und somit der Pfandgegenstand falsch, d.h. zu werthaltig eingeschätzt werde, bestehe die Gefahr, dass die Sicherheit nicht ausreichend ist, um Darlehen, Zinsen und Gebühren abzudecken. Die Wirtschaftsprüfer weiter: Wenn der Wert des Pfandes Darlehen, Zinsen und Gebühren nur teilweise decke, könne es sein, dass der Kunde das Geschäft als eine gute Veräußerung seines Pfandes ansehe und dem Unternehmen nur der Verwertungsweg bleibe. Bei einer Fehleinschätzung des Wertes bestehe dann die Gefahr, dass der zu erzielende Erlös nicht ausreicht und ggf. nicht mal die komplette Pfanddarlehenssumme erzielt werden könne. Dies bedeute nicht nur den Verlust des Umsatzes sondern auch einen Teilverlust des eingesetzten Geldes (des Pfanddarlehens).
Aber, so heißt es im Vermerk, „Lombardium begegne diesem Risiko durch einen – sich ständig erweiternden – Pool aus Experten und Sachverständigen, welche die Einschätzung der Pfandgegenstände übernähmen. Sofern diese Experten bei Lombardium arbeiteten, ist deren Zuverlässigkeit gegeben und bei einer sorgfältigen Mitarbeiterauswahl sei auch die Expertise für das jeweilige Fachgebiet vorhanden. Externe Sachverständige würden sorgfältig ausgewählt und müssten auch für die getroffene Aussage zum Wert haften. Auf diese Weise werde das Risiko minimiert oder von Lombardium ferngehalten.“
Erste Oderfelder GmbH & Co. KG erklärt: niedrige Bewertung durch fehlendes Käuferinteresse an den Pfandgegenständen
Dies scheint reines Wunschdenken gewesen zu sein, meint der Berliner Kapitalanlagenrechtsexperte Christian-H. Röhlke (http://www.kanzlei-roehlke.de/lombardium-hamburg-kg-erste-oderfelder-beteiligungs-kg-dolchstoss-mit-ansage/), der bereits Klagen gegen die Fondsgesellschaft EOGK führt. „Die EOGK hat ihrem Infoschreiben ein weiteres Schreiben der Lombardium Hamburg KG beigefügt, in dem es heißt, die unfassbar niedrige Bewertung liege hauptsächlich an dem fehlenden Käuferinteresse aus China, Fernost und Russland für die verpfändeten Kunstgegenstände und ungewöhnlichen Schmuck. Das ist aus unserer Sicht nicht nachzuvollziehen, da ja nach dem Emissionsprospekt und der Werbung der EOGK Kunstgegenstände nur mit 40 % des Wertes beliehen werden sollten. Ausgereichten Faustpfanddarlehen von beispielweise 100 Mio EUR müssten dann Werte von 250 Mio EUR gegenüberstehen. Tatsächlich sind, selbst wenn man die höhere Schätzung von 7,9 Mio EUR zugrunde legt, hiervon nur ca. 3 % vorhanden. Andersherum in Beziehung gesetzt: Ein Pfandwert von 4,7 Mio EUR bei z.B. 100 Mio EUR ausgereichten Darlehen bedeutet, dass die Pfänder zu über 2000 % ihres Wertes beliehen wurden. Eine absurde Vorstellung“, meint der erfahrene Jurist.
Schuldhaftes Verhalten – Verantwortungsübernahme – Rückabwicklungsverfügung – Insolvenzgefahr – Sanierungsmöglichkeit
Gleichwohl schreibt die Lombardium Hamburg KG, die Gründe für die sehr niedrige Bewertung seien vielfältig, schuldhaftes Verhalten gehöre jedoch nicht dazu. Schuld sei unter anderem die Rückabwicklungsverfügung der BaFin, die der Ansicht des Oberlandesgericht (OLG) Hamburg diametral entgegenstehe. Nach Ansicht der Lombardium Hamburg KG, sollte „eine Sanierung auf bescheidenem Niveau“ versucht werden.
„Unfassbar, wie hier die Verantwortlichen versuchen, sich in die Opferrolle zu begeben. Kein Wort z.B. zur bereits seit 2012 bekannten Rechtsprechung des Oberlandesgericht (OLG) Schleswig zur Frage, ob die Inhabergrundschuldgeschäfte unter das Pfandprivileg fallen oder der Frage, ob diese Geschäfte nach dem Mittelverwendungskatalog des Vertrages mit der Isetreuhand überhaupt zulässig waren. Kein Wort zur Frage, wie denn die Beleihungswerte überhaupt ermittelt wurden, statt dessen Schuldzuweisungen an die Finanzaufsicht und an die enttäuschten Anleger, denen auch von Seiten der Verbraucherzentrale Hamburg die Geltendmachung ihrer Rechte mit anwaltlicher Hilfe dringend nahegelegt wird. Das können wir nur unterstützen“, meint Rechtsanwalt Röhlke.
Lombardium-Anleger fragen: Was tun?
Röhlke empfiehlt seinen Mandanten ein zweistufiges Vorgehen:
1. Beteiligungen, die noch nicht 36 Monate bis zu ihrem Ende gelaufen sind, insbesondere bei der LC3, werden außerordentlich gekündigt und die Einlagen zurückgefordert.
2. Nach Auslaufen der Verträge oder Kündigung wird die Einlage vertragsgemäß oder unter Schadenersatzgesichtspunkten zurückgefordert.
Genau zu prüfen ist auch ein Vorgehen gegen die Hintermänner sowie Vermittler und Berater der stillen Beteiligungen.
Haftung von Berater und Vermittler
Doch während die Haftung der Hintermänner wohl erst nach Abschluss der Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden und entsprechender Akteneinsicht genau geprüft werden kann, stellt sich nach Röhlkes Ansicht die Frage einer Haftung der Berater und Vermittler etwas komplizierter dar.
„Sicherlich können die Vermittler nicht wissen, ob möglicherweise Monate nach Vertragsschluss die Verantwortlichen eines Fonds z.B. Gelder veruntreuen oder andere Anlegerkapitalverringerungsinstrumente, wie es das Landgericht (LG) München in einem von uns erstrittenen Urteil gegen einen Fondsinitiator einmal nannte, ins Spiel bringen. Nach unserer Prüfung konnten die Vermittler auch frühestens 2014 von den Inhabergrundschuldgeschäften wissen“, meint Rechtsanwalt Christian-H. Röhlke.
Fazit: Röhlke Rechtsanwälte empfehlen, den Rat der Verbraucherzentrale Hamburg (http://www.vzhh.de/geldanlage/444266/lombardium-ig-lombard-und-was-jetzt-zu-tun-ist.aspx) zu beherzigen
Anleger sollten ihre Zahlungsansprüche mit anwaltlicher Hilfe gegen die Fondsgesellschaft oder ihre Berater durchsetzen. Als Betroffene können Schadensersatzansprüche gegen Fondsgesellschaft, Hintermänner und Berater geltend gemacht werden, wenn die betroffenen Anleger falsch beraten oder kriminell geschädigt wurden. Geschädigte Anleger der Lombardium-Gruppe sollten sich unabhängige anwaltliche Hilfe holen.
V.i.S.d.P.:
Christian-H. Röhlke
Rechtsanwalt
Röhlke Rechtsanwälte haben ihre Kernkompetenz im Bereich des Kapitalanlagenrechts und der angrenzenden Gebiete des Zivilrechts, insbesondere im Handels- und Gesellschaftsrecht. Ein weiterer Schwerpunkt liegt bei Kleinverdienern, denen vermietete Eigentumswohnungen zur Altersvorsorge als Immobilienrente schmackhaft gemacht wurden. Ein wesentlicher Tätigkeitsschwerpunkt ist auch das Recht der Handelsvertreter, die Regelungen über Provisionen, Buchauszüge, Wettbewerbsverbote etc.Weitere Information finden Sie unter: www.kanzlei-roehlke.de
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