Kanzlerin lehnt gleichberechtigte Eltern nach Trennung ab
Standardmäßiges Doppelresidenzmodell politisch nicht gewollt/Bundeskanzlerin Angela Merkel vertröstet Väterrechtsaktivist Johannes Fels aus Sindelfingen in einem persönlichen Antwortschreiben
BERLIN/SINDELFINGEN – Post von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) höchstpersönlich hat der Väterrechtsaktivist Johannes Fels (52) aus Sindelfingen bekommen. Die Kanzlerin hat ihm auf die Frage, wann in Deutschland standardmäßig das Doppelresidenzmodell (Wechselmodell) für Trennungskinder eingeführt wird, nach einem Jahr Wartezeit geantwortet, „dass ich Ihnen noch keine abschließende Antwort geben kann“. „Ich fühle mich als Bürger nicht ernstgenommen“, stellt Johannes Fels fest. Er setzt sich dafür ein, dass Mütter und Väter nach einer Trennung und Scheidung im Doppelresidenzmodell Kinder gleichberechtigt betreuen.
Das Doppelresidenzmodell ermöglicht es, dass Kinder nach Trennung und Scheidung beide Elternteile behalten. Die Kinder verbringen sowohl Alltags- als auch Freizeit bei beiden Elternteilen. Weil die Doppelresidenz den Lebensbedürfnissen der Kinder sehr viel besser entspricht als das derzeitige Residenzmodell, wird die Einführung auch vom europäischen Wächter der Menschenrechte, dem Europarat, in der Europarats-Resolution 2079/2015 (assembly.coe.int/nw/xml/XRef/XrefXML2HTML-EN.asp?fileid=22220) gefordert.
Fels hatte am 5. September 2017 auf der Veranstaltung „Treffpunkt Foyer“ ( https://www.youtube.com/watch?v=gKQw-g7ZLmA) der „Stuttgarter Nachrichten“ und der „Stuttgarter Zeitung“ öffentlich Bundeskanzlerin Angela Merkel nach dem Zeitpunkt der Umsetzung der Europarat-Resolution 2079/2015 gefragt. Die frühere Bundesfamilienministerin (19911994) konnte darauf keine „sachkundige Antwort“ geben, wie sie selbst zugab und auf dem Video der Veranstaltung auch zu sehen ist. Nach Gesprächen von Fels mit Mitarbeitern des Bundeskanzleramtes reichte die Kanzlerin jetzt ein Jahr nach der Veranstaltung eine zweiseitige Antwort nach.
Bundeskanzlerin Angela Merkel wies in ihrem Antwortschreiben zunächst darauf hin, dass Gerichte im Zuge des sogenannten „erweiterten Umgangs“ bereits heute eine Betreuung des Kindes durch beide Eltern anordnen könnten. Dies geschehe auf Grundlage von §1684 Absatz 3 BGB. „Es ist also schon jetzt möglich, das Wechselmodell/Doppelresidenzmodell zu leben“, gibt die Kanzlerin dem Väterrechtler zu bedenken.
Die Kanzlerin verschweigt nach Ansicht von Fels aber dabei, dass das umgangsberechtigte Elternteil keine garantierte rechtliche Möglichkeit hat, einen Umgangsverstoß des anderen Elternteils zu verhindern. Somit sei die Gleichberechtigung der Eltern in diesem Konstrukt nicht gewährleistet, so der Väterrechtler.
Für Angela Merkel stellt die Europarat-Resolution nach eigenen Worten „lediglich eine Empfehlung“ dar. Die Resolution werde vom zuständigen Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) im weiteren Verfahren berücksichtigt, so die Kanzlerin.
Rund 130.000 Kinder verlieren nach Einschätzung von Fels jährlich aufgrund der nicht umgesetzten Europarats-Resolution einen Elternteil. Rund 2,1 Millionen Kinder müssten wegen des in Deutschland rückständigen Familienmodells mehr oder weniger auf einen Elternteil verzichten. „Die Politik duldet eine Katastrophe für die betroffenen Kinder, aber auch für das entfernte Elternteil“, sagt Fels.
Die Bundesregierung verfolgt laut Angela Merkel „sehr aufmerksam die Debatte um die in der Fachwelt kontrovers diskutierte Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine gerichtlich angeordnete Betreuung im Wechselmodell bei vorhandenem Elternkonflikt dem Kindeswohl dient und ob es den gesetzlichen Regelfall darstellen kann“. Im Koalitionsvertrag vom März 2018 sei der Wunsch nach einer „stärkeren gemeinsamen Erziehungsverantwortung auch nach einer Trennung“ festgehalten. Dieser Wunsch äußere sich auch in der „derzeitigen Prüfung von weiteren gesetzlichen Maßnahmen“, schreibt Angela Merkel.
Von diesen Aktivitäten kann Fels aber nichts feststellen. Im Gegenteil, die FDP hat im Deutschen Bundestag im März 2018 den Antrag eingebracht, die Europarats- Resolution 2079/2015 in Deutschland umzusetzen und das Doppelresidenzmodell zum Standardmodell nach Trennung und Scheidung zu machen. Die Parteien der schwarz-roten-Regierungskoalition, auch die von der Kanzlerin geführte CDU hätten in der Debatte klar gemacht, dass sie nach Trennung und Scheidung einem Elternteil weiterhin das im Artikel 6 des Grundgesetzes garantiertes Recht auf die Pflege und Erziehung ihrer Kinder verweigern wollen, so der Väterrechtsaktivist.
Fels fordert einen generellen Paradigmenwechsel in der Familienpolitik. „Die Gleichberechtigung von Vater und Mutter muss ein Leitbild für die Politik sein.“ Die noch bestehende Regelung basiere auf dem längst überholten Rollenbild, dass die Mutter die Kinder betreut und der Vater allein das Geld verdient. Die derzeit von den deutschen Familiengerichten angeordnete Praxis – ein Elternteil betreut, der andere zahlt – sei mit dem Prinzip der Gleichberechtigung nicht vereinbar, so Fels.
Das Institut für Demoskopie Allensbach hat in einer Studie ermittelt, dass das derzeit praktizierte Residenzmodell ein Rollenmodell fördert, das von der Mehrzahl der Bevölkerung nicht mehr angestrebt wird und zu einem modernen, gleichberechtigten Familienleben in Widerspruch steht.
Das Wechselmodell wird laut Fels inzwischen auch von der Wissenschaft bevorzugt. Das derzeitige gesetzliche Leitbild werde den Bedürfnissen von Eltern und Kindern nicht mehr gerecht. Familienleben sei heutzutage durch eine gemeinsame Verantwortung gekennzeichnet. Dies wird durch die Doppelresidenz unterstützt, die sowohl die erzieherischen als auch die materiellen Lasten auf beide Elternteile verteilt. Die gemeinsame Elternschaft nütze den Kindern und erhalte und sichere ihnen die Beziehung zu beiden Eltern. „Wer Stabilität für die Kinder will, der muss die Gleichberechtigung der Eltern gewährleisten“, so Fels.
Das Engagement von Johannes Fels ist aus seinen persönlichen Erfahrungen erwachsen: Der freie Ingenieur für Elektrotechnik und Brandschutz lebt seit 17 Jahren getrennt von der Mutter seiner Kinder. Ein vom Familiengericht bestellter Gutachten sprach sich dafür aus, dass die Kinder beim Vater leben sollen. Daraufhin setzte das Familiengericht den selber bestellten Gutachter ab.
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