Fristlose Kündigung wegen Beleidigung auch ohne Verschulden des Arbeitnehmers
Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin und Essen, und Maximilian Renger, wissenschaftlicher Mitarbeiter.
Eine fristlose Kündigung können Arbeitgeber nur dann aussprechen, wenn ein so gravierender Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten vorliegt, dass dem Arbeitgeber das Festhalten am Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zuzumuten ist. Ein solcher Verstoß kommt grundsätzlich nur bei einem Verhalten des Arbeitnehmers in Betracht, das ihm auch vorzuwerfen ist – das er also verschuldet hat. Es gibt jedoch besondere Ausnahmefälle, in denen eine fristlose Kündigung auch ohne ein Verschulden des Arbeitnehmers zulässig sein kann.
Beleidigung eines psychisch kranken Arbeitnehmers: Einen solchen Fall hatte das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Az.: 5 Sa 509/10) im Jahr 2011 zu entscheiden. Dabei ging es um einen Arbeitnehmer, der manisch-depressiv war und trotz vorheriger Abmahnung wegen grober Beleidigungen einer Vorgesetzten öffentlich vermeintliche sexuelle Kontakte zu einem HIV-positiven Kollegen unterstellte. In der Folge wurde festgestellt, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner psychischen Erkrankung schuldunfähig war hinsichtlich seiner Beleidigungen und Verleumdungen. Dennoch hielt das LAG die fristlose Kündigung für wirksam.
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Erhebliche Störung des Betriebsfriedens: Der Arbeitnehmer habe durch sein Verhalten den Betriebsfrieden so intensiv und nachhaltig gestört, dass trotz seiner Schuldlosigkeit dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten gewesen sei.
Das LAG: Verhaltensbedingte Gründe können in der Regel nur dann eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, wenn der Arbeitnehmer nicht nur objektiv und rechtswidrig, sondern auch schuldhaft seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt hat. Dies gilt indessen ausnahmsweise dann nicht, wenn der Arbeitnehmer durch fortlaufendes Fehlverhalten die betriebliche Ordnung bzw. die Sicherheitsvorschriften derart erheblich und nachhaltig verletzt, dass dem Arbeitgeber die Aufrechterhaltung dieses Zustandes selbst dann nicht zumutbar ist, wenn der Arbeitnehmer schuldlos gehandelt hat (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 09.06.2011 – 5 Sa 509/10).
Fazit: Beleidigungen des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber oder Vorgesetzten sind stets ein tauglicher Grund für eine fristlose Kündigung. Ob diese im Einzelfall tatsächlich gerechtfertigt ist, muss jedoch im Rahmen einer Interessenabwägung festgestellt werden. Grundsätzlich muss bei einer Kündigung wegen eines Verhaltensverstoßes dieser Verstoß vom Arbeitnehmer auch verschuldet sein. Nur in besonderen Ausnahmesituationen, wie dem beschriebenen, kann etwas anderes gelten.
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22.02.2018
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