Fernsehanwaltswoche vom 29.4.2016 zu Böhmermann, dem Sexualstrafrecht und Kachelmann gegen Bild
Ein Beitrag von Alexander Bredereck und Volker Dineiger, Fachanwälte für Arbeitsrecht Berlin und Essen.
Böhmermann und die Grenzen
Welche Grenzen wurden im Fall Böhmermann eigentlich überschritten? Die Grenzen von der Satire zum Strafrecht durch Böhmermann? Die Grenzen der Meinungsäußerungsfreiheit durch Böhmermann? Die Grenzen des Verbotsirrtums durch Böhmermann? Die Grenzen der politischen Enthaltsamkeit durch die Bundeskanzlerin? Die Grenzen der Neuzeit zum Mittelalter durch Anwendung des Majestätsbeleidigungsparagraphen? Kann es eigentlich noch eine Strafbarkeit gegeben, wo so viel Unsicherheit ist?
Nein heiß Nein – die Reformpläne zum Sexualstrafrecht aus dem Hause Maas.
Seit Monaten gibt es einen Gesetzesentwurf aus dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucher (BMJV) zur Reform des Sexualstrafrechts. Mit der griffigen Formel „Nein heißt künftig Nein“ wird dieser für juristische Laien übersetzt. Kritik gibt es von allen Seiten. Einerseits: die Reform reicht nicht aus. Andererseits: die Reform ist wie jeder andere Änderung des Sexualstrafrechts auch unnötig. Erstere Kritiker wollen den Straftatbestand unter anderem auch auf das Betatschen erweitern. So gibt es sicher im Bereich der Sexualdelikte in der Öffentlichkeit als unbillig empfundene Schutzlücken. Die Kritiker, denen die Reform unmöglich erscheint, meinen, dass die Änderungen unnötig seien, da zum Beispiel die Übergriffe Silvester in Köln schon vom jetzigen Straftatbestand der sexuellen Nötigung gedeckt sein. Ein Problem ist schwer von der Hand zu weisen: wenn ein Tatbestand auf Gedanken eines Opfers abstellt, ein bloßes inneres Nein schon reichen soll, wie will man in der Praxis den Nachweis führen, dass der Täter dies erkannt hat?
Kachelmann gegen Bild vor dem Oberlandesgericht
Nach dem relativ spektakulären Urteil, das Kachelmann gegen Bild und Bild online vor dem Landgericht Köln erstritten hatte (635.000 EUR Schmerzensgeld) befindet sich das Verfahren nun in der Berufungsinstanz vor dem Oberlandesgericht Köln. Die Vorsitzende Richterin wies in der mündlichen Verhandlung darauf hin, dass ihr eher Beträge im Bereich von 400.000 EUR vorschweben. Insbesondere der Vergleichsfall der falsch Berichterstattung im Prozess der schwedischen Prinzessin Madeleine sei hier nicht ohne weiteres einschlägig, da im dortigen Fall die Berichterstattung völlig frei erfunden gewesen sei. Im Falle Kachelmann habe es tatsächlich Ermittlungen und einen Prozess gegeben.
29.4.2016
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