Bundesarbeitsgericht: Verdachtskündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses grundsätzlich möglich

Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck, Berlin und Essen, zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 12. Februar 2015 – 6 AZR 845/13 -.

Ausgangslage:

Berufsausbildungsverhältnisses sind nach Ablauf einer Probezeit grundsätzlich nur außerordentlich kündbar. Entsprechend hoch sind die Anforderungen an eine solche Kündigung. Insbesondere obliegt dem Arbeitgeber/Ausbilder die volle Darlegungs- und Beweislast für die Kündigungsgründe. Im Arbeitsrecht anerkannt ist, dass bei Arbeitsverhältnissen eine Kündigung auch auf den dringenden Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung gestützt werden kann. Gilt das auch in Berufsausbildungsverhältnissen?

Fallkonstellation:

Ein Auszubildender absolvierte eine Berufsausbildung zum Bankkaufmann. Nachdem er Geld aus einem Nachttresor gezählt hatte, wurde später ein Kassenfehlbestand von 500 € festgestellt. In einem Personalgespräch nannte der Auszubildende den konkreten Fehlbetrag, obwohl er ihn gar nicht wissen konnte, da der Ausbilder nur von einem nicht konkret bezifferten Kassenfehlbestand gesprochen hatte.

Entscheidung:

Verdachtskündigung im Berufsausbildungsverhältnis grundsätzlich zulässig: Das Bundesarbeitsgericht bejaht zunächst, dass auch im Berufsausbildungsverhältnis der dringende Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung des Auszubildenden einen wichtigen Grund zur Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG darstellen kann, wenn der Verdacht auch bei Berücksichtigung der Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses dem Ausbildenden die Fortsetzung der Ausbildung objektiv unzumutbar macht.

Nebenbei hat das Bundesarbeitsgericht auch einige interessante weitere Details zur Verdachtskündigung bekannt gegeben:

Es bedurfte weder einer vorherigen Bekanntgabe des Gesprächsthemas noch eines Hinweises bzgl. der möglichen Kontaktierung einer Vertrauensperson. Auch Datenschutzrecht stand der Beweiserhebung und -verwertung nicht entgegen.

Bewertung:

Leider liegt bislang nur die Pressemitteilung vor, auf die vollständige Begründung des Urteils bin ich gespannt. Ich hatte in der letzten Zeit den Eindruck, dass das Bundesarbeitsgericht die Anforderungen an eine Anhörung bei der Verdachtskündigung eher verschärft. Nun sieht es danach aus, als ob dies noch nicht ganz so eng gesehen wird.

Quelle:

Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 12. Februar 2015 – 6 AZR 845/13 –

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil vom 18. April 2013 – 2 Sa 490/12

19.02.2015

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