Bereits verwendete Kündigungsgründe tauglich zur Begründung einer neuen Kündigung?
Können Arbeitgeber Kündigungsgründe, die sie schon für eine andere Kündigung genutzt haben, auch verwenden, um eine neue Kündigung zu begründen?
Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin und Essen, zum Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13. Juni 2016 – 3 Sa 24/16 -, juris.
Erhebt der Arbeitnehmer infolge einer Kündigung Kündigungsschutzklage und hat damit Erfolg, muss der Arbeitgeber ihn letztlich zurücknehmen. Damit dürften aber wohl in den wenigsten Fällen alle Probleme gelöst sein. Der Arbeitgeber wird sich oftmals überlegen, ob eine weitere, neue Möglichkeit zur Kündigung besteht. Dabei stellt sich die Frage, ob und welche Kündigungsgründe er dann noch heranziehen darf.
Inhaltlich vom Gericht überprüfte Kündigungsgründe: Sofern Kündigungsgründe bereits in einem ersten Prozess inhaltlich vom Gericht überprüft worden sind, kann der Arbeitgeber diese nicht mehr verwenden. Dazu das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: „Eine Kündigung kann nicht erfolgreich auf Gründe gestützt werden, die der Arbeitgeber schon zur Begründung einer vorhergehenden Kündigung vorgebracht hat und die in dem ersten Kündigungsschutzprozess mit dem Ergebnis materiell geprüft worden sind, dass sie eine Kündigung nicht tragen.“
Veränderter Sachverhalt: Anders kann es dagegen aussehen, wenn sich der relevante Sachverhalt geändert hat. Die beschriebene Wirkung (sog. Präklusionswirkung) tritt nämlich nur dann ein, wenn es sich um einen identischen Sachverhalt handelt. Dazu das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: „Hat sich dieser (der Sachverhalt) wesentlich geändert, darf der Arbeitgeber ein weiteres Mal kündigen. Das gilt auch bei einem sog. Dauertatbestand.“ Als Konsequenz können Arbeitgeber demnach auch frühere Verfehlungen des Arbeitnehmers zur Begründung ihrer Kündigung anführen, wenn sich dadurch der entsprechende Vorwurf wesentlich erweitert hat. Gleiches gilt nach Ansicht des Gerichts auch für die sog. Dauertatbestände, sprich dann, wenn es um eine fortdauernde Verfehlung des Arbeitnehmers geht. Ein solcher Fall kann vorliegen, wenn es um eine krankheitsbedingte Kündigung geht, mit der der Arbeitgeber zunächst vor Gericht nicht erfolgreich war, da der Arbeitnehmer zu dem Zeitpunkt noch nicht in einem Umfang gefehlt hatte, der eine Kündigung rechtfertigen würde. Eine spätere Kündigung könnte dann auf sämtliche (auch frühere) Fehlzeiten gestützt werden.
Formal unwirksame Kündigung: War die Kündigung allein aus formalen Gründen unwirksam (mangelnde Schriftform, fehlende Abmahnung, Fehler bei der Anhörung der Personalvertretung oder des Betriebsrats), kann der Arbeitgeber ebenfalls ältere Kündigungsgründe bei einer neuen Kündigung verwenden. Dazu das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: „Die Präklusionswirkung tritt auch dann nicht ein, wenn die frühere Kündigung bereits aus formellen Gründen, also etwa wegen einer nicht ordnungsgemäßen Beteiligung der Mitarbeitervertretung für unwirksam erklärt worden ist.“
Andere Art der Kündigung (z. B. fristgerecht statt fristlos): Ursprüngliche Kündigungsgründe können zudem herangezogen werden, wenn eine fristlose Kündigung des Arbeitgebers zunächst keinen Erfolg hat und dieser anschließend noch einmal ordentlich kündigt.
Wichtiges Urteil, Quelle: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13. Juni 2016 – 3 Sa 24/16 -, juris.
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28.2.2017
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