Auftraggeber aufgepasst: „Selbstständige Pflegekräfte“ können scheinselbstständig sein

Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin und Essen.

Auftraggeber aufgepasst: "Selbstständige Pflegekräfte" können scheinselbstständig sein

Arbeitsrecht

Altenpflege und Krankenpflege anfällig für Scheinselbstständigkeit

Das Problem der Scheinselbstständigkeit wird in der Praxis häufig unterschätzt. Die Konsequenzen für Auftraggeber sind oftmals sehr unangenehm: hohe Nachforderungen, was Sozialversicherungsbeiträge, Steuern und Säumniszuschläge angeht. Abgesehen davon kann es zu Kündigungsschutzklagen von Mitarbeitern kommen und auch strafrechtliche Sanktionen (Geldstrafen bis hin zu Freiheitsstrafen) drohen. Schließlich können mitunter sogar Gewerbeschließung und Insolvenz folgen. Ärgerlich ist besonders, dass die Restschuldbefreiung in diesem Bereich nicht gilt, eine Privatinsolvenz dem Betroffenen also wenig nützt.

Was macht die Pflegeberufe gefährlich?

Gewisse Tätigkeitsgebiete weisen typischerweise ein Beschäftigungsverhältnis auf, das sozialversicherungspflichtig ist. Diese Tätigkeiten werden dann oftmals eben nicht selbstständig, sondern von scheinselbstständigen Mitarbeitern erbracht.

Merkmale solcher Tätigkeitsgebiete

Typischerweise sind in solchen Bereichen Arbeitnehmer beschäftigt. Die Art der Tätigkeit erfordert es, dass die einzelnen Beschäftigten stark in das Gesamtkonstrukt eingegliedert sind. Dies lässt sich auch am Beispiel der Pflegeberufe erläutern: Oftmals müssen Personen rund um die Uhr gepflegt werden. Dann kann die Pflege nicht nur von einer einzelnen Person übernommen werden. Dann kommen noch Ausfallzeiten anderer Mitarbeiter durch Krankheit oder Urlaub hinzu. Andere Personen müssen dann einspringen, eine Gesamtorganisation der einzelnen Betroffenen ist also erforderlich. Das muss jemand in die Hand nehmen. Der einfachste Weg: einer stellt mehrere andere an und organisiert mit diesen die Pflege.

Warum kann die Organisation nicht mit Selbstständigen erfolgen?

Das geht zwar, allerdings können Selbstständigen keine Weisungen erteilt werden. Werden dann doch Weisungen erteilt, verwirklicht man automatisch wieder Merkmale eines Arbeitsverhältnisses.

Auswirkungen der Vertragsgestaltung

Wenn sich schon aus dem Vertrag Anhaltspunkte für ein Beschäftigungsverhältnis ergeben, ist das natürlich schädlich. Bei einer Betriebsprüfung fällt das sofort auf. Auf der anderen Seite helfen auch die Verträge nicht, wenn die tatsächliche Durchführung einem Arbeitsverhältnis entspricht. In der Praxis kommt es immer auf die tatsächliche Durchführung an.

Statusfeststellungsverfahren sinnlos – Statusfeststellungsverfahren bei der deutschen Rentenversicherung bringen wenig

Zum einen prüft hier der, der die Sozialversicherungsbeiträge eintreiben soll, die Sozialversicherungspflicht. Man kann wohl kaum erwarten, dass diese Prüfung objektiv erfolgt. Zum anderen wird immer nur die jeweilige konkrete Situation geprüft. Erfolgen dann später Änderungen, hilft das Statusverfahren, welches zuvor durchgeführt wurde, nicht.

Was tun?

Am besten ist es, präventiv tätig zu werden und Risikosituationen unabhängig vorab prüfen zu lassen. Dann muss getrennt werden: Wo lässt sich eine echte Selbstständigkeit rechtssicher darstellen und wo nicht? In den ersten Fällen müssen Fallen geprüft und beseitigt werden (das können zum Beispiel schriftliche Verträge sein, in denen von typischen Arbeitnehmermerkmalen die Rede ist, obwohl in der Praxis diese gar nicht vorliegen), im letzten Fall muss überlegt werden, wie man möglichst ohne Vergrößerung des Risikos und zügig aus der Falle wieder herausgelangt.

Keine unbedachten Reaktionen

Unbedachte Schritte führen in der Praxis häufig zum Gegenteil des Gewollten. Beispiel: Ein Auftraggeber erkennt, dass er einen Scheinselbständigen beschäftigt und kündigt sofort den Vertrag. Der Scheinselbständige erhebt Kündigungsschutzklage innerhalb von drei Wochen vor dem Arbeitsgericht oder (noch schlimmer) zeigt den Auftraggeber bei der Rentenversicherung an.

Fachanwalt Bredereck hilft

Wir vertreten Arbeitgeber, Auftraggeber, Selbstständige und Arbeitnehmer (Scheinselbstständige) deutschlandweit in allen Fragen rund um die Scheinselbstständigkeit. Arbeitgeber beraten wir insbesondere im Zusammenhang mit drohenden oder durchgeführten Prüfungen und bei Klagen des freien Mitarbeiters. Freie Mitarbeiter, die eigentlich Arbeitnehmer sind, vertreten wir bei Statusfeststellungsklagen gegen den Arbeitgeber/Auftraggeber. Rufen Sie Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck an und besprechen Sie zunächst telefonisch und unverbindlich, ob und wie wir Sie unterstützen können.

Weiterbildung zum Thema Scheinselbstständigkeit: Die Fachanwälte für Arbeitsrecht Volker Dineiger und Alexander Bredereck sind die Autoren des Ratgebers „Arbeitsrecht“ der Stiftung Warentest. Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck hält deutschlandweit Vorträge zum Thema Scheinselbstständigkeit, rechtssichere Abgrenzung der verschiedenen Vertragstypen, Vermeidung von Haftungsfallen und zu den möglichen Auswirkungen derzeit geplanter gesetzlicher Neuregelungen.

Die nächsten Termine für Vorträge für die Haufe-Akademie zum Thema „Scheinselbständigkeit“:

09.11.2016, München
09.01.2017, Berlin
17.02.2017, Frankfurt/Main
10.03.2017, Hamburg

Nähere Infos sowie die Anmeldung finden Sie unter: https://www.haufe-akademie.de/w1/27.92

06.07.2016

Videos und weiterführende Informationen mit Praxistipps zu allen aktuellen Rechtsfragen finden Sie unter: www.fernsehanwalt.com

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