AfD-Aktivist als Mieter: Anfechtung des Mietvertrages durch Vermieter zulässig?
Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Berlin, und Maximilian Renger, wissenschaftlicher Mitarbeiter.
Wenn Vermieter ihre Wohnung vermieten, wollen sie naturgemäß eine ganze Reihe von Informationen über ihren potenziellen neuen Mieter einholen und haben daran in vielerlei Hinsicht auch ein berechtigtes Interesse. Die politische Überzeugung des Mieters bzw. dessen Mitgliedschaft in einer bestimmten Partei darf dabei grundsätzlich keine Rolle spielen. Nun hat aber das Amtsgericht Göttingen in einem aktuellen Urteil, das sicherlich für Diskussionen sorgen wird, entschieden, dass der Mieter den Vermieter darüber informieren muss, wenn er politisch motivierten Angriffen ausgesetzt sein könnte (Amtsgericht Göttingen, Urteil vom 24.10.2017 – 18 C 41/17).
Aktivist in Nachwuchsorganisation der AfD als Mieter: In dem konkreten Fall ging es um einen Mieter, der als Mitglied in einer Nachwuchsorganisation der AfD aktiv war. Zeitnah nach Abschluss des Mietvertrages kam es zu Sachbeschädigungen und Brandstiftungen im Bereich des Hauses, die dem „linken“ bzw. „antifaschistischen“ Lager zugerechnet wurden. Die politischen Ansichten des Mieters seien für den Abschluss des Mietvertrages zwar irrelevant. Nach Auffassung des Amtsgerichts hätte dieser die Vermieterin aber darüber aufklären müssen, dass er ein „Anziehungspunkt für linksgerichtete Gewalt“ sei. Diese hatte den Mietvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten und auf Räumung der Wohnung geklagt. Das Amtsgericht Göttingen gab ihr nun Recht.
Das Amtsgericht: Ein potenzieller Mieter muss gegenüber einem potenziellen Vermieter nicht seine politischen Auffassungen offenbaren. Für einen potenziellen Vermieter kann jedoch der Umstand, dass der potenzielle Mieter „Anziehungspunkt für linksgerichtete Gewalt“ ist, ein für den Vermieter bedeutsamer Umstand sein, über den bei Vertragsschluss aufgeklärt werden muss (Amtsgericht Göttingen, Urteil vom 24.10.2017 – 18 C 41/17).
Fragwürdige Entscheidung: Grundsätzlich kommt natürlich für Vermieter eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung des Mieters im Zusammenhang mit Angaben, die er beim Abschluss des Mietvertrages gemacht hat (z. B. falsches Einkommen), in Betracht. Einen solchen Anfechtungsgrund aber in dem unterbliebenen Hinweis zu sehen, der Mieter könne möglicherweise Anziehungspunkt für linksgerichtete Gewalt sein, erscheint doch sehr fragwürdig. Damit einher ginge an und für sich bereits die Offenbarung der politischen Gesinnung, denn jemand, der linke Gewalt anzieht, dürfte wohl mit hinreichender Wahrscheinlichkeit dem rechten Spektrum zuzuordnen sein. Gerade zu einer solchen Offenbarung soll aber der Mieter nach Auffassung des Gerichts eigentlich nicht verpflichtet sein. Unabhängig davon, was man von der AfD hält und auch wenn Vermietern natürlich ein Interesse an der Kenntnis potentieller gewaltsamer Ausschreitung infolge des Einzugs eines Mieters zuzugestehen ist, dürfte im Ergebnis ein entsprechender Anfechtungsgrund kaum haltbar sein.
Kündigungsmöglichkeit für Vermieter: Davon unabhängig kann für Vermieter in solchen Fällen natürlich eine Kündigung des Mietverhältnisses in Betracht kommen. Voraussetzung dafür wäre jedoch, dass den Mieter an Schäden infolge von tätlichen Auseinandersetzungen und dergleichen ein Verschulden trifft, indem er z. B. Angriffe provoziert und ggf. sogar seine Adresse preisgibt.
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23.01.2018
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