Eigenbedarfskündigung: Voraussetzungen für unstreitigen Eigenbedarf des Vermieters

Eigenbedarfskündigung: Unter welchen Voraussetzungen darf das Gericht einen unstreitigen Eigenbedarf des Vermieters annehmen? Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, zum Urteil des Landgerichts Berlin, LG

Die Ausgangslage:

Der Vermieter spricht die Eigenbedarfskündigung aus. Zieht der Mieter nicht aus, muss er Räumungsklage erheben. Hier muss er dann den Eigenbedarf zunächst plausibel darlegen. Der prozessual geschickt agierende Mieter wird alle in diesem Zusammenhang vom Vermieter vorgetragenen Tatsachen bestreiten. Hier ist immer wieder umstritten, unter welchen Voraussetzungen ein solches Bestreiten erheblich ist. Nur dann ist entsprechend Beweis zu erheben.

Der Fall:

Der Vermieter hatte in der Zwangsversteigerung eine Wohnung erworben und anschließend von seinem Sonderkündigungsrecht nach §§ 57a ZVG, § 573d Abs. 2 BGB Gebrauch gemacht. Auch ein solches Kündigungsrecht kann gemäß § 573d Abs. 1 BGB nur unter Beachtung der Kündigungsschutzvorschrift des § 573 BGB ausgeübt werden (BGH, Urt. v. 16. Januar 2008 – VIII ZR 254/06, NJW-RR 2008, 86 Tz. 12). Das Gericht hat sich neben der Frage der Möglichkeit einer Einvernahme der Parteien nach der Zivilprozessordnung mit der Frage auseinandergesetzt, wann von einem Bestehen des zwischen den Parteien streitigen Eigenbedarfs auszugehen ist.

Die aktuelle Entscheidung des Landgerichts Berlin:

Das Landgericht Berlin: „Das Gericht darf gemäß § 286 Abs. 1 ZPO nur dann vom Bestehen des zwischen den Parteien streitigen Eigenbedarfs ausgehen, wenn es von der Richtigkeit der Behauptung des Vermieters mit einem Grad von Gewissheit überzeugt ist, der Zweifeln Schweigen gebietet; die bloße Plausibilität des Kündigungsvorbringens reicht dafür nicht aus.“

Da auch die Beweisangebote des Vermieters nicht ausreichend waren, hat das Landgericht die Räumungsklage letztendlich abgewiesen.

Das Fazit:

Gemäß § 286 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht für wahr zu erachten sei. Hierbei darf das Gericht nicht ohne Weiteres ein Bestreiten des Mieters außer Acht lassen. Im Gegenteil, die Plausibilität des Vortrags zum Eigenbedarf ist zunächst Voraussetzung dafür, dass die Klage überhaupt schlüssig ist. Der Mieter kann mangels eigener Kenntnis vom Vorliegen des Eigenbedarfs regelmäßig nur mit Nichtwissen bestreiten.

Fachanwaltstipp Vermieter:

Vermieter sollten im Rahmen des Räumungsprozesses zunächst den Eigenbedarf plausibel vortragen. Da grundsätzlich nur das eingebracht werden kann, was bereits im Kündigungsschreiben steht, können hier oft Fehler nicht mehr repariert werden. Im Zweifel muss dann (vorsorglich) eine neue Eigenbedarfskündigung ausgesprochen werden. Es ist daher immer besser, bereits vor Ausspruch der Eigenbedarfskündigung Rechtsrat einzuholen und die Eigenbedarfskündigung von Anfang an ordnungsgemäß und umfassend zu begründen.

Fachanwaltstipp Mieter:

Das Urteil zeigt sehr gut, dass auch in vermeintlich aussichtslosen Situation eine Abwehr der Eigenbedarfskündigung möglich ist. Auch wenn der Vermieter hier vermutlich bald eine neue Eigenbedarfskündigung aussprechen wird, ist zumindest eine Menge Zeit gewonnen. Manchmal sind solche Niederlagen des Vermieters für den Mieter auch Gelegenheit einen günstigen Vergleich (Auszug gegen Abfindung) abzuschließen.

17.3.2015

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