Eigenbedarfskündigung: Anbietpflicht des Vermieters und ihre Reichweite (Serie – Teil 4)

Serie zum Thema Anbietpflicht des Vermieters im Rahmen der Eigenbedarfskündigung, Reichweite derselben und Folgen einer Verletzung. Ein Beitrag von Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Alexander Bredereck, Berlin und Essen.

Serie zum Thema Anbietpflicht des Vermieters im Rahmen der Eigenbedarfskündigung, Reichweite derselben und Folgen einer Verletzung. Ein Beitrag von Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Alexander Bredereck, Berlin und Essen.

d. Anbietpflicht auch für Wohnungen, die der Vermieter nicht mehr vermieten will?

Grundsätzlich besteht keine Anbietpflicht für Wohnungen, die der Vermieter dauerhaft nicht mehr vermieten will.

Bundesverfassungsgericht: „Im Rahmen einer Kündigung wegen Eigenbedarfs steht allein dem Vermieter die Disposition zu, welche Wohnungen aus seinem weiteren Immobilienbestand er dem allgemeinen Wohnungsmarkt zur Verfügung stellt. In diese Dispositionsfreiheit greifen die Fachgerichte in einer gegen GG Art 14 Abs. 1 S 1 verstoßenden Weise ein, wenn sie eine Anbietpflicht auch für solche Wohnungen entwickeln, die der Vermieter gerade nicht anderweitig vermieten, sondern selbst (hier: Übergangswohnung für Ehefrau) nutzen will (BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. November 1993 – 1 BvR 904/93 -, juris).“

Verfassungsgerichtshof Berlin: „Denn der Entschluss eine Immobilie zukünftig gewerblich zu nutzen, ist nicht als rechtsmissbräuchlich anzusehen. Jedenfalls dann nicht, wenn der Vermieter eine freie Wohnung im selben Haus nicht (mehr) anbietet, die nicht weiterhin vermietet werden soll (Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin, Beschluss vom 13. Dezember 2005 – 199/03 -, juris).“

Problematisch sind in diesem Zusammenhang die Fälle, in denen der Vermieter die Wohnung nur vorübergehend nicht mehr am Markt zur Vermietung anbieten will, bzw. schon in der Vergangenheit nicht mehr angeboten hat.

OLG Düsseldorf: „Der Vermieter ist bei einer Wohnraumkündigung wegen Eigenbedarfs grundsätzlich verpflichtet, dem Mieter eine im selben Haus bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zur Verfügung stehende vergleichbare Wohnung zur Anmietung anzubieten. Anderenfalls ist die Kündigung wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam. Die Anbietungspflicht erstreckt sich aber nicht auf eine Wohnung, die seit 5 Jahren zum Zwecke der Erzielung einer höheren Miete möbliert vermietet worden ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 02. April 2009 – I-10 U 149/08, 10 U 149/08 -, juris).“

Wenn der Vermieter behauptet, die Alternativwohnung für einige Monate nicht vermieten zu wollen, kann er damit jedenfalls nicht die Verpflichtung zur Anbietung umgehen.

Amtsgericht Gießen: „Die Pflicht zum Anbieten der Alternativwohnung kann nicht dadurch umgangen werden, dass der Vermieter für ein bis zwei Monate keine Vermietungsabsicht haben will (AG Gießen, Urteil vom 28. April 2011 – 48 C 180/10 -, juris).“

Umgekehrt darf der Vermieter auch nicht über die Anbietpflicht gezwungen werden, eine Wohnung, die er glaubhaft nicht vermieten will, zu vermieten. Hier handelte sich aber häufig um Fragen der Glaubwürdigkeit, bzw. Plausibilität. Je konstruierter die Behauptungen des Vermieters erscheinen, umso intensiver wird er sie erklären müssen. Das Problem wird von der Rechtsprechung über eine gesteigerte Darlegungslast des Vermieters geklärt werden müssen.

AG Köln: Der Vermieter hat während der Kündigungsfrist renoviert und die Wohnung dann einen Monat leer stehen lassen, und danach neu vermietet. Hier hätte er anbieten müssen: „Im vorliegenden Fall ist der wegen Eigenbedarfs kündigende Vermieter nun auf die Idee gekommen, die freiwerdende Wohnung dadurch faktisch dem Wohnungsmarkt zu entziehen, dass er sie in Eigenregie kernsanierte. Er meinte nun, er müsse die Wohnung nicht anbieten und nahm sich für die Sanierung so lange Zeit, bis die Kündigungsfrist abgelaufen war. Einen Monat nach Ablauf der Kündigungsfrist vermietete er die Alternativwohnung weiter (AG Köln, Urteil vom 08. Februar 2013 – 205 C 3/12 -, juris).“ Die Berufung wurde vom Landgericht Köln zurückgewiesen.

Fazit insoweit: Wenn der ehrliche Wunsch besteht, die Wohnung dauerhaft nicht zu vermieten oder jedenfalls nur möbliert für eine gewisse Zeit und dies auch zu Umsetzung gelangt, besteht für die jeweilige Wohnung keine Anbietpflicht. Je abenteuerlicher/konstruierter das Vorhaben des Vermieters erscheint, umso eher muss er damit rechnen, dass das Gericht eine Anbietpflicht annimmt.

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