Christlicher Juristenkongress: Wahrheit ist mehr als ein Wort

Christlicher Juristenkongress: Wahrheit ist mehr als ein Wort

Prominente Kongress-Gäste, v.l.: Dr. Winfried Bausback, Johannes Singhammer und Dr. Johannes Friedrich

Die Wahrheit hat viele Facetten – das verdeutlichte der Wahrheitskongress der Initiative Christ und Jurist, der dieses Wochenende in München stattfand. Rund 200 Tagungsteilnehmer juristischer sowie nahestehender Berufsgruppen diskutierten das Thema aus philosophischer, theologischer und juristischer Sicht.

„Wahrscheinlich nehmen wir das Wort ,wahr‘ viel öfter in den Mund, als uns gewahr ist“, stellte Dr. Patrick Menges, Rechtsanwalt und Vorsitzender von Christ und Jurist gleich zu Beginn des Kongresses fest. Er beobachte aber auch, dass unsere Gesellschaft in vielen Fällen gleichgültig geworden sei im Umgang mit der Wahrheit.

Der Bayerische Justizminister Prof. Dr. Winfried Bausback, sagte in seinem Grußwort am Eröffnungsabend, er sei dankbar für die Initiative Christ und Jurist, denn Juristen hätten im Staat an unterschiedlichsten Stellen eine große Verantwortung. Da sei eine feste Wertebasis wichtig. Zugleich wies der Minister auf die Mehrschichtigkeit von Wahrheit hin: „Die subjektive Wahrheit, also das, wovon wir überzeugt sind, stimmt nicht immer mit der objektiven Wahrheit überein.“ Manchmal, weil man keine Übereinstimmung herstellen könne; manchmal, weil man keine herstellen wolle. Umso wichtiger sei es, dass Richter in der Lage seien, einen ersten Eindruck im Laufe des Verfahrens auch wieder zu revidieren. Weiter gab er zu bedenken, dass die Auslegung von Gesetzen dem Zeitgeist unterworfen sei. „Der Mensch wird wohl immer auf der Suche nach Wahrheit sein“, so Bausback.

Der ehemalige Landesbischof Dr. Johannes Friedrich, zugleich gemeinsam mit dem Bundestagsvizepräsidenten Johannes Singhammer, Schirmherr des Kongresses, verwies auf die Zusage von Jesus Christus „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“. Friedrich weiter: „Immer die Wahrheit sagen, scheint auf den ersten Blick ganz einfach.“ Und doch stelle genau dies Juristen häufig vor Fragen. Darf ich als christlicher Jurist Wissen verschweigen? Darf ich zugunsten meines Mandanten einen Anspruch behaupten, obwohl ich weiß, dass die Rechtslage eigentlich eine andere ist?

Dass sich andere Berufsgruppen wie Politiker ebenfalls der Wahrheit stellen müssen, hob Bundestagsvizepräsident Singhammer hervor. Die Suche nach wahren, guten und gerechten Entscheidungen sei eine Herausforderung auch an die Politik. Dies zeige sich vor allem bei Fragen im Umgang mit dem menschlichen Leben, insbesondere zu Beginn und – wie in der gegenwärtigen Diskussion – am Ende des Lebens. Demokratie zeichne sich dadurch aus, dass sie offen sei für die Wahrheit und nicht behaupte, schon alles zu wissen, so der Politiker. Es gebe kaum ein anspruchsvolleres und ambitionierteres Thema.

Das zeigte sich dann auch in den Fachvorträgen. Der Liechtensteiner Philosoph Prof. Dres. Daniel von Wachter rief dazu auf, staatliche Gesetze zu hinterfragen und den Glauben an objektive Werte zu stärken. Der Glaube an objektives Recht sei erforderlich, um ungerechte Gesetze erkennen und dadurch Unrechtsregime verhindern zu können.

Der Zivilrechtler Prof. Dr. Hanns Prütting stellte dagegen in Frage, ob und wieweit der Mensch überhaupt objektive Wahrheit erkennen könne. Die juristische Wahrheit sei immer eine subjektive Wahrheit, nämlich die der Überzeugung des Richters, ob er etwas für wahr hält. Hinzu kämen weitere Schranken der Wahrheitsaufklärung, wie Beweisverwertungsverbote und die Regelung, dass im Zivilprozess nur die Umstände behandelt würden, die die Parteien innerhalb bestimmter Fristen einbrächten.

Auch der Staat kenne die Wahrheit nicht, betonte die Hochschullehrerin für öffentliches Recht, Prof. Dr. Anna Leisner-Egensperger. Der Staat könne nur die Suche danach fördern, etwa durch Finanzierung von Hochschulen und Forschungseinrichtungen.

Für den Theologen Prof. Dr. Bertram Stubenrauch liegt die Wahrheit dagegen in der Person Jesus Christus. Die Wahrheit komme von sich aus auf die Menschen zu. Die Herausforderung sei, diese Beziehung zu leben. „Sie ist eine Tat. Sie geschieht. Sie passiert“, so der Theologe.

Für internationales Flair während des Kongresses sorgte die Teilnahme von Mitgliedern von Advocates International (AI), einer internationalen Vereinigung christlicher Juristen. Deren Vorstandsvorsitzender Brent M. McBurny ermutigte die Tagungsteilnehmer zur weltweiten Vernetzung. „Ganz gleich aus welchem Land wir kommen“, sagte er, „uns verbindet der christliche Glauben, und wir sprechen eine Sprache. Wir sprechen anwältisch.“

Auf der Tagung gab Christ und Jurist auch die Gründung eines Kuratoriums bekannt. Mitglieder sind Kongress-Schirmherr Dr. Johannes Friedrich, Dr. Hubertus Dessloch, ehemaliger Leiter der Bayerischen Vertretung bei der Europäischen Union, sowie Prof. Dres. Lutz Simon, ehemaliger Präsident der Europäischen Rechtsanwaltskammern und der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main.

Mehr über die Initiative Christ und Jurist finden Sie unter www.christundjurist.de . Bildquelle:kein externes Copyright

Christ & Jurist ist eine Initiative von Christen verschiedener Konfessionen, die einen juristischen Beruf erlernen, ausüben oder ausgeübt haben und die ihr Christsein und Juristsein enger miteinander verbinden möchten. In bundesweiten Wochenendtagungen sowie bei Regionaltreffen diskutieren die Teilnehmer von Christ & Jurist über juristische, theologische, philosophische, soziologische Hintergründe und Bezüge des Berufslebens. Getragen wird die Initiative von dem gemeinnützigen Verein Christ und Jurist e.V. mit Sitz in Frankfurt.

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Dr. Ingo Friedrich
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64832 Babenhausen
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